Vergleichbarkeit versus Relevanz bei Einflussfaktoren des Intellektuellen Kapitals

„Was sind die „wichtigsten“ Einflussfaktoren des Intellektuellen Kapitals?“
Mit dieser Frage eröffne ich viele Workshops mit dem Ziel, einen strategischen Reflexionsprozess über die aktuelle Ressourcenbasis einer Organisation auszulösen.

  • Was genau ist Intellektuelles Kapital – was bedeutet es für uns?
  • Welche Kategorien sind angemessen?
  • Wie kann man „es“ beschreiben und allgemein verständlich ausdrücken?
  • Wie soll das „kurz und knackig“ aber dennoch sachlich richtig und vor allem „vollständig“ aussehen?
  • Kann gleichzeitig spezifische Relevanz und allgemeine Vergleichbarkeit gewährleistet werden?

Als Definition für Intellektuelles Kapital hat sich folgender Satz etabliert: „Intellektuelles Kapital ist immaterielles Vermögen (einer Organisation), das in der traditionellen Bilanz nicht sichtbar ist, aber für die Organisation einen Wert darstellt. Das Intellektuelle Kapital setzt sich aus Human- Sturktur- und Beziehungskapital zusammen.“ (Wissensmanagement Forum: Praxishandbuch Wissensmanagement, Graz, 2007)

Damit sind auch erste Kategorien eingeführt, die eine Zuordnung ermöglichen. Sobald aber organisationsspezifische Faktoren definiert werden, ergibt sich zwangsläufig eine Abweichung von einem Standard, der für die externe Vergleichbarkeit nützlich wäre.

Und damit schließt sich ein Kreis zur grundsätzlichen Motivation, sich mit dem Thema „Management des Intellektuellen Kapitals“ zu befassen: Geht es eher um interne Entwicklungen oder geht es (primär) um externe Kommunikation. Beides gleichzeitig ist nur mit Kompromissen möglich und wurde bereits sehr gut von Warren Thorngate und Karl Weick beschrieben. Eine „6-Uhr-Lösung“ (einfach/genau) ist eben nicht allgemein vergleichbar oder für Benchmarks vorgesehen. Den Anfang bei der systematischen Definition bildet – wie jedesmal – eine saubere Deklaration, wozu und für wen sie genutzt werden wird. Wir stehen im Zweifel für Relevanz, da nur damit ein konkreter Hinweis für die tägliche Arbeit entstehen wird. Für die Vergleichbarkeit gilt: Sie ist grundsätzlich sinnvoll, muss dann aber ein spezielles Ziel verfolgen – sonst stehen wir mit Äpfeln oder Birnen da.

Ausführliche Hinweise zur effektiven Erarbeitung von Einflussfaktoren finden sich im 2. Kapitel „Handbuch Wissensbilanz – Umsetzung und Fallstudien„.

Um dennoch auch bei der Vergleichbarkeit einen (kleinen) Schritt weiter zu kommen und um für den Erstellungsprozess einer ersten, prototypischen Wissensbilanz in einer Organisation einen Startpunkt zu erhalten, erarbeiten wir im September 2012 mit dem BVWB einen neuen Entwurf. Er versteht sich als Quelle der Inspiration, als Vorlage, die beliebig verändert und angepasst werden kann und soll. Über weitere Entwicklungen dazu wird berichtet werden.

Gründung Berufsverband Wissensbilanz

Vorstand Bundesverband Wissensbilanz Bornemann Zillmer Baucke Will Mertins Kohl DohrnAm 11. Mai 2012 wurde in Berlin der Berufsverband Wissensbilanz als Verein gegründet. Laut Statuten geht es neben der Verbreitung und der realen Verankerung der Wissensbilanz made in Germany um die Weiterentwicklung der Methode an sich.
Mit der Verbandsgründung honorieren die Gründungsmitglieder die bereits in der Vergangenheit realisierten Entwicklungen zum Thema Wissensbilanzierung. Die mehr als 1000 umgesetzten Wissensbilanzen zeigen, dass die Methode von den Unternehmen angenommen wurde.
Gleichzeitig ist die Gruppe der wirklich aktiven Wissensbilanzierer relativ zum gewaltigen Potential der Wirtschaft noch klein und geografisch breit gestreut. Das begünstigt die Emergenz langsam sichtbar werdender Varianten zur Wissensbilanzierung. Einzelne Gruppen kämpfen um Aufmerksamkeit am Markt und um die Vermittlung eines Differenzierungsmerkmals gegenüber den im operativen Wettbewerb als Konkurrenten empfundenen anderen Moderatoren.
Mit der gerade entstehenden thematischen Etablierung entstehen also auch erste zentrifugale Kräfte. Für die Zukunft ergeben sich daher Anforderungen zur Integration dieser vielleicht widersprüchlich anmutenden Entwicklungen an den Verband:

  • Wir müssen gemeinsam ein klares Profil für den Begriff und die Leistung entwickeln und verankern. Wenn das nicht gelingt, ist der potentielle Kunde mit einer für ihn nicht mehr durchschaubaren Vielfalt konfrontiert, die im Zweifel dazu führt, eine andere, vielleicht einheitlichere Methode zu wählen.
  • Wir müssen trotz aller notwendigen Diversität für das insgesamt noch junge Thema langsam einen gemeinsamen Nenner schaffen. Es muss – und das vertrete ich als einer der ersten Entwickler besonders engagiert – große Räume für Entwicklung und Experimente geben. Es soll aber auch einen Prozess geben, der die positiven und verallgemeinerbaren Erfahrungen wieder zusammenführt. Dazu ist eine gemeinsame Vorstellung über ein „gutes Ergebnis“ notwendig. Wie immer liegt die Qualität im Auge des Betrachters und ist damit ebenfalls nicht eindeutig.
  • Vielleicht helfen daher die im Kontext der Auditierung dargestellten Minimalanforderungen (formale Vollständigkeit, etc. –  siehe Audit-Leitfaden) als vorerst kleinster gemeinsamer Nenner? Aus eigener Erfahrung kenne ich die vermutlich für viele Moderatoren bekannten Kundenwünsche nach möglichst geringem Aufwand (niedrigere Beratungskosten, weniger Mitarbeiter in kürzeren Workshops, …) und dem daraus entstehenden Balanceakt, dennoch relevanten Mehrwert zu liefern.

Ich freue mich sehr, als „Vorstand für Methoden und Anwendung der Wissensbilanz made in Germany“ gewählt worden zu sein. Damit sehe ich auch die Chance, gemeinsam mit allen interessierten Akteuren die oben skizzierten Herausforderungen zu bewältigen.