Motivation und Mitarbeiterbeteiligung

In einer Wissensbilanz wird häufig auch das Thema der Motivation der Mitarbeiter angesprochen. Unter Motivation verstehen unterschiedliche Leute zuweilen sehr unterschiedliches. Es gibt enorme Forschungsbudgets, die sich mit der „Stimmung der Mitarbeiter“, ihrer „Einsatzfreude“, der „Loyalität“ zur Organisation, ihrer „Flexibilität zur Arbeit unter ungewöhnlichen Bedingungen“ befassen. Bei Google gibt es aktuell (2012) mehr als 57 Mio. Treffer zum Begriff „Motivation“ – allein in der deutschen Ausgabe. Englisch kommen nochmals 240 Mio. dazu. Insgesamt also 300 Mio. Hits und damit für jeden Europäer sein eigenes Motivationsschreiben.

Was genau verstehen wir unter Motivation?

Motivation kann als „Standardfaktor“ einer Wissensbilanz beispielsweise wie folgt definiert werden:

„Unter Motivation verstehen wir die Bereitschaft der Mitarbeiter sich einzubringen, Verantwortung zu übernehmen, Aufgaben engagiert zu erledigen und die Bereitschaft zum offenen Wissensaustausch. Typische Teilbereiche sind z.B. die Zufriedenheit mit der Arbeitssituation, Spaß bei der Arbeit, Identifikation mit dem Unternehmen, Erfolgserlebnisse und Erfolgsbeteiligungen.“

Aus der Moderation hunderter Bewertungsworkshoptage und anschließender Reflexion der Ergebnisse zeigt sich, dass sowohl der Begriff als auch die Definition emotional sehr beladen sind. Vielfach wäre der Begriff „Stimmung“ semantisch für das Gefühl, dass viele beschreiben, angemessener. Diese Stimmung ist aber ausgesprochen schwer „steuerbar“ und auch unter psychologischen Gesichtspunkte sehr komplex, um es vorsichtig auszudrücken.

Eine Alternative wäre daher ggf. „Engagement“, zur Abwechslung kein reiner Anglizismus, selbst wenn eine mögliche Interpretation, nämlich „Verlobung“, die sehr interessante wechselseitige Abhängigkeit von Arbeitgeber und Arbeitnehmer beschreiben könnte. Man könnte den Begriff daher (http://de.wikipedia.org/wiki/EUCUSA-Methode#Engagement) definieren als:

„Engagement ist ein erstrebenswerter Zustand der Erfüllung, hervorgerufen durch Ausübung sinngebender Tätigkeit.“

Und damit kommen wir zu „Zufriedenheit“ … was aber auch als „Ergebnis“ nach (!) einer Anstrengung interpretiert werden könnte. Im Sinne der Ressourcensicht ist das die falsche Kategorie.

Besser wäre vielleicht die Duden-Interpretation: „[persönlicher] Einsatz aus [weltanschaulicher] Verbundenheit; Gefühl des (beruflichen) Verpflichtetseins zu etwas“. Der Einsatz oder die „Einsatzbereitschaft“ eines Mitarbeiters für seine Aufgabe … ist wohl aus Sicht der Zielerreichung ein Begriff, der die höhere Alarmierung im Vergleich zu „Motivation“ beschreibt?

Hier gibt es keine „einzige, richtige“ Beschreibung. Ich sehe in diesem Thema aber einen zentralen Komplex, der sich, wie ich später zeigen werde, auf die gesamte Organisation auswirken kann. Was unter Motivation verstanden wird und welche Implikationen die Stakeholder daraus ableiten ist ein wesentliches Konstrukt, das einen Unterschied macht. Vorläufig beziehe ich mich daher auf die oben beschriebene Standarddefinition.

Wie kann Motivation bewertet werden?

Die Bewertung von „Motivation“ oder auch „Einsatzbereitschaft“ ist etwas schwieriger als bei den typischen Einflussfaktoren des Intellektuellen Kapitals. Im Standardschema der Wissensbilanz gibt es drei Fragen für jeden Einflussfaktor, einen für Menge oder Quantität, einen für Qualität und eine zum Systematischen Management der Motivation, also zum Themenkomplex, was heute bereits getan wird, um künftig die Motivation hoch (genug) zu halten.

Für die Mengenfrage ist es möglich zu fragen, ob ausreichend viele Mitarbeiter motiviert sind, um die Ziele zu erreichen. Eine Antwort kann dann ja oder nein sein, oder etwas dazwischen, so in der Art: 80% sind motiviert, einige haben aber leider intern gekündigt und kommen nur zur Arbeit, weil sie das Geld brauchen und keine Alternative haben.

In diesem Fall wäre die Motivation digital vorhanden oder nicht. Die Differenzierung nach Menge ist also sehr schwer – konzentrieren wir uns daher auf eine andere Dimension, die es vielleicht besser trifft.

Eine alternative Frageoption bezieht sich auf die Qualität der Motivation. Hintergrund ist die These, dass man nicht „nicht-motiviert“ sein könnte, sondern ob die Motivation die richtige ist, um unsere Ziele optimal zu unterstützen. Konkret wäre der Mitarbeiter, der „nur für Geld arbeitet“ immerhin so motiviert, dass er unter der Bedingung der Bezahlung erscheint und bestimmte Aktivitäten leistet.

Wir könnten also fragen: Haben alle Mitarbeiter die richtige Motivation, um unsere Ziele zu erreichen?

  • Dann könnte sich zeigen, dass manche „übermotiviert“ sind und sich selbst ausbeuten.
  • Oder sie stehen in Konkurrenz zu einzelnen Kollegen und versuchen durch spezifische Leistungen ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
  • Oder aber das Unternehmensziel ist nur zufällig ähnlich dem persönlichen Ziel, und jemand scheint motiviert für die Organisation zu arbeiten, obwohl er / sie ganz andere Prioritäten hat.
  • Oder ein Mitarbeiter verliert den Gesamtkontext und optimiert auf Kosten anderer Organisationsbereiche einen winzigen Teilbereich, weil dieser sein besonderes Interesse genießt.

Viele weitere Optionen sind denkbar – letztlich geht es hier um die Explizierung, um die Begründung einer Einschätzung relativ zu einem Ziel.

Management von Motivation

Abhängig von der Bewertung der Motivation kann sich ergeben, dass sie in einer spezifischen Organisation zu entwickeln wäre. Dann stellt sich aber die Frage nach den Ursachen und Wirkungen. Einflussfaktoren auf MOTIVATION sind typischerweise:

  • Führungskompetenzen
  • Soziale Kompetenzen der Kollegen
  • Interne Kommunikation (ebenfalls abhängig von den Führungskompetenzen)

Wir sehen in vielen Wissensbilanzen, dass der Faktor „Motivation“ mit sehr vielen anderen Einflussfaktoren assoziiert wird. Interessant ist, welchen Unterschied die Art der Fragestellung und die Erhebung der Antworten auf die Ergebnisse, insbesondere auf die Einschätzung des Einflusses auf den Erfolg haben.

Bei wenig sensibilisierten Gruppen gibt es oft eine geteilte Basisauffassung, dass „mehr Motivation“ auf jeden Fall möglich wäre.

Auf die Frage aber, woran genau man denn den Unterschied festmachen könnte, fehlt dann sehr häufig eine konkrete Antwort. Auf Nachfrage kommen dann doch Vorschläge: Motivation wirkt sich (angeblich) positiv auf die Innovation aus. Bisher ist es mir nicht gelungen, den Nachweis dazu zu führen – obwohl ich den grundsätzlichen Zusammenhang nicht abstreiten würde. Ohne „Wollen“, kommt es nur selten zu echten Durchbrüchen – das ist trivial.

Der Punkt ist aber, dass nur sehr wenige Organisationen „innovativ“ sind. Ich meine damit, wirklich neue Wege gehen, nicht eine weiße Verpackung durch Blümchenpapier „kreativ“ zu verbessern. Als Argument für diese – zugegeben sehr brutale – Aussage beziehe ich mich auf die klassischen Innovationsindizes.

Die meisten Maßnahmen, die (häufig intuitiv) als „motivierend“ genannt werden sind ebenfalls nicht innovationsförderlich:

  • mehr Geld oder eine Anreizsystem: das mag kurzfristig Freude machen, keine Frage. Kann durch etwas Geld – sagen wir 10%-100% eines Monatsgehalts – wirklich die Energie freigesetzt werden, die es braucht, eine Idee bis zur Marktreife zu betreuen?
  • Schulungsmaßnahmen zur besseren Karrierenentwicklung: Im Sinne der generellen Entwicklung von Humankapital kann das ein Teil der Systematik sein, die, wenn sie mit dem freiwilligen Interesse für ein Thema zusammenfällt, sehr positiv wirken kann. Innovationsförderlich aber kann diese Form der Motivation wohl nur dann sein, wenn auch das Thema und die Ausrichtung des Seminars GENAU auf die Fragestellung wirken.
  • Betriebsfeste wirken ebenfalls anerkennend und motivieren. So sagen manche. Befragt nach der (freiwilligen) Teilnahmequote, etwa an Weihnachtsfeiern kann sich aber schnell herausstellen, dass dies „außerhalb der Arbeitszeit“ nur für wenige wirklich attraktiv scheint, häufig sogar als lästige Pflicht gesehen wird.

Verbreitete (riskante?) Sichten zu Motivation

Nach diesen durchaus kritischen Überlegungen möchte ich noch eine typische Darstellung über die vermutete Wirkung von Motivation und anderen Humankapitalfaktoren auf die Geschäftsprozesse zeigen:

Das Bild zeigt einen Ausschnitt aus einer Wissensbilanz, wie er relativ häufig vorkommt. Diese extreme Ausprägung (es handelt sich um Originaldaten) zeigt eine „Lehrbuchsituation“, die das Problem besonders gut trifft. Eingeblendet sind (zur Vereinfachung) Humankapitalfaktoren und Geschäftsprozesse aus einem Softwareunternehmen. Interessant ist die deutliche Konzentration der Wechselwirkungen genau auf diesen Faktor Motivation.

  • Wie kann es sein, dass aus Sicht der Mitarbeiter Motivation insgesamt deutlich stärker auf die Prozesse wirkt, als etwa Führungskompetenz, wo doch durch Zielvorgaben und Feedbacks permanente Anpassungen erfolgen müssten? (Von Führungskompetenz gehen „nur drei Wirkungen aus, davon nur eine zu den Prozessen)
  • Wie kann es sein, dass aus Sicht der Mitarbeiter Motivation stärker wirkt als Fachkompetenz, in die doch viele Jahre der Ausbildung investiert wurden und die – zumindest nach der Doktrin der Wissensgesellschaft – unser (gemeint ist „westlicher“) letzter Wettbewerbsvorteil wäre? (auch bei Fachkompetenz sehen diese Mitarbeiter nur eine (starke) Wirkung auf einen Prozess)
  • Wie kann es sein, dass aus Sicht der Mitarbeiter die Umsetzung der Fachkompetenzen von der (zufälligen?) Stimmung abhängt (siehe Beziehung HK4-HK1), wo wir doch mit einer „professionellen“ Arbeitseinstellung ans Werk gehen? Vergessen Sie dabei nicht, das Bild stammt von einer Organisation der angeblich „emotionslosen“ Softwarebranche. Wir leiben hier also mit einem Risiko, dass die vorhandene Fachkompetenz mangels „Motivation“ nicht wirksam wird.

Diese Fragen sind zumindest interessant. Die Organisation hatte in der Tat ein enormes Risiko im Bereich des Humankapitals, das zwei Jahre später auch schlagend wurde. Wie aber gehen wir nun damit um? (Die Antwort liegt offensichtlich in einem klaren Auftrag an alle Führungskräfte, diese Ansichten zu hinterfragen und durch intensive kommunikative Maßnahmen allenfalls anzupassen.)

Beitrag der Wissensbilanz: durch Beteiligung und Erarbeitung von gemeinsamem Kontext zur Motivation in einer Organisation

  • Der Prozess der Wissensbilanzierung an sich nach der Methode „Wissensbilanz – made in Germany“ wird von den Beteiligten regelmäßig motivierend wahrgenommen, weil er durch die partizipative Struktur Möglichkeiten zur Kommunikation bietet.
  • Durch die intensive, systematische Interaktion mit Kollegen zu Themen, die sonst aufgrund operativer Prioritäten nicht bearbeitet werden können, werden Ursachen für unterschiedliche Interpretationen zu an sich „gleichen“ Basisszenarien klar und ermöglichen nicht nur Verständnis zur Position der Kollegen sondern zeigen direkt neue Handlungsoptionen, die eine attraktivere Entwicklung unterstützen.
  • Im Zuge der Erarbeitung einer Wissensbilanz werden neue Bilder erzeugt, die die Zusammenhänge einzelner immaterieller Faktoren ganzheitlich darstellen und damit zur Sinnstiftung beitragen. Die Mitarbeiter verstehen nun besser, wie genau ihre Organisation funktioniert und welche (Aus-)Wirkung ihre Beiträge haben (könnten).
  • Genau dieser SINN war gemeint, als wir oben die Definition von Engagement untersuchten – ein Zustand der Erfüllung nach Ausführung einer bestimmten Tätigkeit.

Einschränkend auf die motivierende Wirkung des Erstellungsprozesses eine Wissensbilanz kann die Gestaltung der Agenda sein. Manchmal erfordert das zu dichte Programm etwa aus (Opportunitäts-)Kostengründen einen kontinuierlich hohen Konzentrationsbeitrag aller Beteiligten und nimmt in Kauf, einzelne zu verlieren. Ausreichend Zeit und Raum zur Diskussion sowie eine professionelle Moderation tragen zur Zielerreichung besser bei.

Eine relativ offensichtliche negative Nebenwirkung der Wissensbilanz entsteht – wie auch bei anderen Projekten mit Phasen hoher Erwartungshaltung – wenn nach der Diagnose und erfolgreichen Definition von Entwicklungsschritten die Umsetzung einschläft. Dies wird insbesondere bei der wiederholten Durchführung deutlich negativ sichtbar. Die Umsetzung von Maßnahmen sollte daher nicht zuletzt aus Gründen der Aufrechterhaltung (nicht für den Aufbau) der Motivation hohe Managementaufmerksamkeit erhalten.

Zusammenfassend zeigt sich, dass die strukturierte Arbeit in einem Team zur systematischen Reflexion der Entwicklung einer Organisation (durch die Wissensbilanz) als sinnvoll wahrgenommen wird und damit unmittelbar „motivierend“ – im Sinne von antreibend – wirkt, die nächsten Schritte auch tatsächlich auszuführen. Und das auch unter Ausgangsbedingungen, die manchmal als „nicht-optimal“ beschrieben werden.

 

Vergleichbarkeit versus Relevanz bei Einflussfaktoren des Intellektuellen Kapitals

„Was sind die „wichtigsten“ Einflussfaktoren des Intellektuellen Kapitals?“
Mit dieser Frage eröffne ich viele Workshops mit dem Ziel, einen strategischen Reflexionsprozess über die aktuelle Ressourcenbasis einer Organisation auszulösen.

  • Was genau ist Intellektuelles Kapital – was bedeutet es für uns?
  • Welche Kategorien sind angemessen?
  • Wie kann man „es“ beschreiben und allgemein verständlich ausdrücken?
  • Wie soll das „kurz und knackig“ aber dennoch sachlich richtig und vor allem „vollständig“ aussehen?
  • Kann gleichzeitig spezifische Relevanz und allgemeine Vergleichbarkeit gewährleistet werden?

Als Definition für Intellektuelles Kapital hat sich folgender Satz etabliert: „Intellektuelles Kapital ist immaterielles Vermögen (einer Organisation), das in der traditionellen Bilanz nicht sichtbar ist, aber für die Organisation einen Wert darstellt. Das Intellektuelle Kapital setzt sich aus Human- Sturktur- und Beziehungskapital zusammen.“ (Wissensmanagement Forum: Praxishandbuch Wissensmanagement, Graz, 2007)

Damit sind auch erste Kategorien eingeführt, die eine Zuordnung ermöglichen. Sobald aber organisationsspezifische Faktoren definiert werden, ergibt sich zwangsläufig eine Abweichung von einem Standard, der für die externe Vergleichbarkeit nützlich wäre.

Und damit schließt sich ein Kreis zur grundsätzlichen Motivation, sich mit dem Thema „Management des Intellektuellen Kapitals“ zu befassen: Geht es eher um interne Entwicklungen oder geht es (primär) um externe Kommunikation. Beides gleichzeitig ist nur mit Kompromissen möglich und wurde bereits sehr gut von Warren Thorngate und Karl Weick beschrieben. Eine „6-Uhr-Lösung“ (einfach/genau) ist eben nicht allgemein vergleichbar oder für Benchmarks vorgesehen. Den Anfang bei der systematischen Definition bildet – wie jedesmal – eine saubere Deklaration, wozu und für wen sie genutzt werden wird. Wir stehen im Zweifel für Relevanz, da nur damit ein konkreter Hinweis für die tägliche Arbeit entstehen wird. Für die Vergleichbarkeit gilt: Sie ist grundsätzlich sinnvoll, muss dann aber ein spezielles Ziel verfolgen – sonst stehen wir mit Äpfeln oder Birnen da.

Ausführliche Hinweise zur effektiven Erarbeitung von Einflussfaktoren finden sich im 2. Kapitel „Handbuch Wissensbilanz – Umsetzung und Fallstudien„.

Um dennoch auch bei der Vergleichbarkeit einen (kleinen) Schritt weiter zu kommen und um für den Erstellungsprozess einer ersten, prototypischen Wissensbilanz in einer Organisation einen Startpunkt zu erhalten, erarbeiten wir im September 2012 mit dem BVWB einen neuen Entwurf. Er versteht sich als Quelle der Inspiration, als Vorlage, die beliebig verändert und angepasst werden kann und soll. Über weitere Entwicklungen dazu wird berichtet werden.

Integrated Reporting und Wissensbilanzierung

Die stringente Verknüpfung von internem Management und externer Berichtslegung ist eine sehr elementare Anforderung an Organisationsstrukturen, die regelmäßig große Schwierigkeiten bereitet. Die Gründe dazu sind zahlreich und reichen von organisatorischen Herausforderungen der spezialisierter Arbeitsteilung bei gleichzeitig fehlender anschließender Integration der Teilergebnisse bis hin zu relativ banalen operativen Problemen von Medienbrüchen, inkonsistenten Datenbeständen oder unterschiedlichen Stichtagen und den damit verbundenen Konsolidierungsproblemen. Diese Herausforderungen beschäftigen aktuell große Zahlen von Spezialisten des Rechnungswesens, des Controllings und auch der Unternehmenskommunikation.

Häufig völlig offen sind aber die Antworten zu Fragen, die sich zu immateriellen Einflussfaktoren für die strategischen Erfolge einer Organisation stellen. Im Bereich des Intellektuellen Kapitals oder der Intangible Assets gibt die Wissensbilanzierung bereits viele Hinweise. Relativ zum bereits betriebenen Aufwand ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis extrem attraktiv und erlaubt tiefe Einblicke in eine bisher häufig völlig unsystematisch entwickelte Bereiche der Organisation. Diese Themen werden auch zunehmend international diskutiert, wenn es darum geht, eine Organisation ganzheitlich darzustellen und die Informationsbedürfnisse unterschiedlicher Stakeholder zu erfüllen.

Die weltweit aktive Initiative „Integrated Reporting“ sucht einen methodischen Rahmen auf diese relativ einfachen Fragen zu entwickeln und mittelfristig allgemein zur Verfügung zu stellen. Intangible Assets Consulting GmbH wirkt bei diesen Entwicklungen als Impulsgeber mit, unter anderem bei der Arbeitsgruppe der Gesellschaft für Wissensmanagement und des Arbeitskreis Wissensbilanz. Ziel ist ein Positionspapier zur Darstellung immaterieller Vermögenswerte, der Intangible Assets, in einem integrierten Bericht. Es wird bis Herbst 2012 fertig gestellt und anschließend veröffentlich.

Gründung Berufsverband Wissensbilanz

Vorstand Bundesverband Wissensbilanz Bornemann Zillmer Baucke Will Mertins Kohl DohrnAm 11. Mai 2012 wurde in Berlin der Berufsverband Wissensbilanz als Verein gegründet. Laut Statuten geht es neben der Verbreitung und der realen Verankerung der Wissensbilanz made in Germany um die Weiterentwicklung der Methode an sich.
Mit der Verbandsgründung honorieren die Gründungsmitglieder die bereits in der Vergangenheit realisierten Entwicklungen zum Thema Wissensbilanzierung. Die mehr als 1000 umgesetzten Wissensbilanzen zeigen, dass die Methode von den Unternehmen angenommen wurde.
Gleichzeitig ist die Gruppe der wirklich aktiven Wissensbilanzierer relativ zum gewaltigen Potential der Wirtschaft noch klein und geografisch breit gestreut. Das begünstigt die Emergenz langsam sichtbar werdender Varianten zur Wissensbilanzierung. Einzelne Gruppen kämpfen um Aufmerksamkeit am Markt und um die Vermittlung eines Differenzierungsmerkmals gegenüber den im operativen Wettbewerb als Konkurrenten empfundenen anderen Moderatoren.
Mit der gerade entstehenden thematischen Etablierung entstehen also auch erste zentrifugale Kräfte. Für die Zukunft ergeben sich daher Anforderungen zur Integration dieser vielleicht widersprüchlich anmutenden Entwicklungen an den Verband:

  • Wir müssen gemeinsam ein klares Profil für den Begriff und die Leistung entwickeln und verankern. Wenn das nicht gelingt, ist der potentielle Kunde mit einer für ihn nicht mehr durchschaubaren Vielfalt konfrontiert, die im Zweifel dazu führt, eine andere, vielleicht einheitlichere Methode zu wählen.
  • Wir müssen trotz aller notwendigen Diversität für das insgesamt noch junge Thema langsam einen gemeinsamen Nenner schaffen. Es muss – und das vertrete ich als einer der ersten Entwickler besonders engagiert – große Räume für Entwicklung und Experimente geben. Es soll aber auch einen Prozess geben, der die positiven und verallgemeinerbaren Erfahrungen wieder zusammenführt. Dazu ist eine gemeinsame Vorstellung über ein „gutes Ergebnis“ notwendig. Wie immer liegt die Qualität im Auge des Betrachters und ist damit ebenfalls nicht eindeutig.
  • Vielleicht helfen daher die im Kontext der Auditierung dargestellten Minimalanforderungen (formale Vollständigkeit, etc. –  siehe Audit-Leitfaden) als vorerst kleinster gemeinsamer Nenner? Aus eigener Erfahrung kenne ich die vermutlich für viele Moderatoren bekannten Kundenwünsche nach möglichst geringem Aufwand (niedrigere Beratungskosten, weniger Mitarbeiter in kürzeren Workshops, …) und dem daraus entstehenden Balanceakt, dennoch relevanten Mehrwert zu liefern.

Ich freue mich sehr, als „Vorstand für Methoden und Anwendung der Wissensbilanz made in Germany“ gewählt worden zu sein. Damit sehe ich auch die Chance, gemeinsam mit allen interessierten Akteuren die oben skizzierten Herausforderungen zu bewältigen.

Wissensbilanz Roadshow Stuttgart

Wissensbilanz als Instrument für den strategischen Wandel

Erfolgreiche Führung fordert ständig mehr Wissen, das wir aufnehmen, koordinieren, sichern und mit zunehmend mehr Menschen teilen müssen. Die Wissensbilanz nach der Methode „Made in Germany“ kann eine Lösung sein, mit der es gelingt, erprobte systematisierte Verfahren in der Praxis so einzusetzen, dass in kurzer Zeit Wissen greifbar gemacht und konkrete Maßnahmen abgeleitet werden können. Auf der Veranstaltung „Wissen als Wettbewerbsfaktor der Zukunft“  am 26. März im Haus der Wirtschaft in Stuttgart gaben Praktiker und Experten Einblick.

Die vom Bundeswirtschaftsministerium Berlin unterstützte Roadshow „Wissensbilanz als Instrument für den strategischen Wandel“ wurde vom Arbeitskreis Wissensbilanz, der Gesellschaft für Wissensmanagement und dem RKW Baden-Württemberg organisiert und unter Einbeziehung von politischen Entscheidungsträgern und Expertinnen und Experten  in Vorträgen und einer Podiumsdiskussion aufgearbeitet.

In der Einleitung ging Dr. Albrecht Fridrich, Geschäftsführer des RKW Baden-Württemberg, auf die Bedeutung von Wissen für Innovation und Forschung im europäischen Kontext und für Baden-Württemberg ein. Er betonte, dass für die vier Leuchtturmthemen (nachhaltige Mobilität, Ressourceneffizienz und erneuerbare Energien, Gesundheit und Pflege, Informations- und Kommunikationstechnologien) durch innovative Methoden die Grundlagen für nachhaltigen Wettbewerb zu sichern seien.

Im Vortragsteil wurden zunächst die Grundlagen und dann drei Anwendungsbeispiele präsentiert. Von Dr. Manfred Bornemann wurde die Wissensbilanz als Instrument für strategischen Wandel vorgestellt, wobei besonders auf den Konsens zum Status-quo und auf die Klärung der Zusammenhänge zwischen immateriellen Ressourcen und Unternehmenserfolgen zu achten sei. Von Ulrich Schmidt wurde die seit sieben Jahren erfolgreiche Anwendung der Wissensbilanz bei der EnBW AG vorgetragen und insbesondere das Maßnahmenmanagement sowie das Thema „Integrated Reporting“ vertieft. Erwin Müller berichtete über seine Erfahrungen als Pionierunternehmen über die Anwendung der Wissensbilanz bei der M&M Software GmbH seit 2005 und die erfolgreiche Integration von Wissensbilanz und Strategieformulierung. Renate Beigert und Bettina Bux berichteten über Erfahrungen aus dem Projekt „Wissensbilanz in der Bahnhofsmission“ und stellten besonders die Herausforderungen des sozialen Sektors mit ehreamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitern sowie des mit der Wissensbilanz begleiteten Führungswechsel vor.

In der Podiumsdiskussion, moderiert von Gudrun Binz-Fietkau, wurden Aspekte des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels zur heutigen Wissensgesellschaft diskutiert. Teilnehmer waren Ines Isabell Aufrecht, Leiterin der Wirtschaftsförderung Stuttgart;  Dr. Manfred Bornemann, Geschäftsführer IAC Intangible Assets Consulting GmbH;  Gisela Erler, Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung im Staatsministerium Baden-Württemberg; Dr. Volker Hecht, Ebner Stolz Mönning Bachem; Prof. Alfred Katzenbach, Director IT Engineering Daimler AG.

Als aktuelle Schwierigkeiten wurden Fragen zur Entscheidungsfindung sowohl auf politischer, unternehmerischer und individueller Ebene, noch nicht fertige Methoden zur Bewertung von Wissen aber auch die Gefahr von zur frühzeitiger Standardsetzung ohne ausreichende empirische Erfahrungen beschrieben. In der Diskussion wurde die wirtschaftliche und politische Relevanz der Themen Management und Berichtslegung von intellektuellem Kapital hervorgehoben, weshalb zur Unterstützung für die weitere Entwicklung der Wirtschaft in Stuttgart und Baden Württemberg auch im politischen Umfeld diese Themen in Zukunft verstärkt vorangetrieben werden sollen.